Wir alle leben in ganz individuellen Mustern:
Unsere Wahrnehmung alltäglicher und besonderer Lebenssituationen unterliegt Mustern. Unser Blick auf die Mitmenschen folgt den Mustern unserer Erfahrungen mit ihnen. Unsere Selbstwahrnehmung basiert ebenfalls aus erlernten Mustern - von kleinauf erhielten wir Kommentare, Bewertungen und Beurteilungen unserer Person sowie unseres Verhaltens. Viele davon übernahmen wir ohne sie zu überprüfen - weil wir lernten, uns selbst stets verbessern zu müssen.
Unsere Reaktionen auf andere Menschen und auf Situationen entsteht auf Grund unserer Wahrnehmung.
Meist nehmen wir unsere Wahrnehmungs- und Verhaltensmuster gar nicht bewusst wahr. Sie laufen einfach ab wie Programme.
Und dabei sind sie nicht immer gut für uns. Und mitunter auch nicht unbedingt für unser Umfeld.
Manchmal haben wir ein schädliches Selbstbild wie zum Beispiel: "Ich bin das Opfer anderer" oder "Ich bin nicht gut genug". Mit dieser Wahrnehmung begegnen wir unseren Mitmenschen. Aus diesen Bildern heraus nehmen wir wahr, was man uns sagt oder wie man sich uns gegenüber verhält. Wir tragen also eine Art Brille. Diese bestimmt letztlich, wie wir die Welt sehen. Und uns innerhalb dieser Welt.
Dadurch kann großes Leid entstehen. Teil einer therapeutischen Unterstützung ist es, diese Muster zu betrachten, ihren Ursprung zu begreifen und ihre Auswirkungen auf das bisherige Leben zu verarbeiten. Dabei können sie in etwas Gesundes und Gutes umgewandelt werden.
"Erleben statt erleiden" bedeutet, hinterfragen zu können, warum passiert, was eben passiert und zugleich, wieso man sich in der bestimmten Situation fühlt, wie man es eben nun einmal tut. Dadurch erhält man die Möglichkeit, sich bewusst anders zu entscheiden und sich entsprechend anders zu verhalten.
Hierbei können verschiedene Methoden zum Einsatz kommen, durch die jene individuelle Wahrnehmung und resultierendes Verhalten analysiert, verstanden und eben auch verändert werden kann. Natürlich ist es gut, sich selbst zu hinterfragen und beispielsweise belastende Situationen zu hinterfragen: "Was genau macht mich wütend?" wäre hierbei bestimmt eine hilfreiche Frage. Leider aber ist es oft so, dass ein Gefühl ein anderes überdeckt. Das erste aufkommende Gefühl ("Primärgefühl") ist für die Psyche dann so schwer auszuhalten, dass gleich ein anderes - gegensätzliches - losgelöst wird ("Sekundärgefühl"), dieses zieht dann ein Verhalten nach sich.
Beispiel: Jemand sagt etwas, das uns - ganz subjektiv - abwertet und zurücksetzt. Dies verletzt und erzeugt ein Gefühl von Kleinheit, Hilflosigkeit und vielleicht auch Angst. Schwer auszuhalten. Also kommt die Wut zur Hilfe und bringt uns vielleicht dazu, ein bisschen auszuflippen. "Halt deinen Mund! Du hast doch keine Ahnung! Was fällt dir eigentlich ein?"
Um sich zu analysieren wiederum ist Mut erforderlich und ein weiterer, sehr wichtiger Aspekt: Selbstakzeptanz. Denn wenn wir - wie im Beispiel - uns nicht leiden können, wenn wir uns klein, hilflos und ängstlich fühlen, werden wir wohl kaum unsere treffende Analyse akzeptieren. Also finden wir Abwehrstrategien wie: "Der Typ war aber auch wirklich blöd! Was fiel dem denn auch ein?". Diese Abwehr rettet uns für den Moment. Hält uns aber letztlich im alten Muster.
Zusammengefasst kann man also sagen: Um zu heilen, zu reifen und innerlich zu wachsen bedarf es an Selbstakzeptanz und Mut. Dann wiederum benötigen wir mutige Ansätze zu Selbstanalysen. In diesen kann es schließlich zu Rückschauen kommen: "Ich glaube, ich fühle mich in diesem Moment zu klein und unwichtig, weil 'der Typ da vor mir' sich irgendwie wie mein Vater verhält und ich mich als Kind in solchen Situationen immer so hilflos gefühlt habe."
Nun kann man sich bewusst machen, dass man nicht mehr das Kind ist, welches ängstlich vor dem Vater steht. Als erwachsener Mensch wiederum hat man ja in der Gegenwart die Möglichkeit, sich zu wehren, seine Bedürfnisse umzusetzen und sich zu schützen. Wenn da nicht die kindlichen Ängste wären, die immer noch ziemlich mächtig in uns säßen ...
Diese zu bearbeiten ist der nächste Schritt, um die einstigen Erfahrungen umzubewerten und ein neues Verhalten und Empfinden zu ermöglichen.
Manchmal gelingt dies mit Unterstützung von Freund*innen, Partner*innen oder anderen nahen Menschen. Oft ist es aber auch einfach zu schwierig, komplex, beängstigend und es fehlt an Orientierung. Dann ist es Zeit für fachliche Unterstützung. Wenn Sie das Gefühl haben, festzustecken oder einfach nur mehr über sich erfahren zu wollen, damit alter Schmerz losgelassen werden kann, dann suchen Sie den Kontakt zu einem*r Therapeut*in.